Jean-François Bovard, Lausanne: The Man between
3. April 1948 – 4. November 2003, Posaune, Komposition
Archivdaten von Jean-François Bovard >>>
Sieht man sich Lebensläufe von Jazzmusikerinnen und Jazzmusikern der Schweiz an, findet man selten eine Persönlichkeit, deren Aktivitäten sich sowohl über den Jazz als auch über die Klassik erstreckten. Zu diesen Ausnahmen gehört der gebürtige Ustermer Erich Büsser (im November 2023 in einem Monatsportrait vorgesellt) sowie der Zürcher Remo Rau (im Juli 2024 in einem Monatsportrait vorgestellt) und last but not least der Lausanner Jean-François Bovard. Auf wichtige Resultate seiner produktiven Vielseitigkeit wollen wir hier hinweisen.
Zuerst Trompete, dann Posaune
J.F. Bovard begann mit acht Jahren mit dem Spiel der Trompete, wechselte dann mit 14 Jahren zur Posaune und erhielt klassischen Unterricht im Konsi Lausanne. Der junge Musiker empfand es als Vorteil, dass man die Posaune (Trombone) ohne Ventile spielte. Mit zwanzig Jahren wurde er Mitglied des Kammerorchesters Lausanne. Ferner spielte er im Bläserquartett „Quatour Saint-Jean“, begleitete den Sänger und Komponisten Pascal Auberson und bewies schon früh seine diversen Fähigkeiten mit der Jazz Bigband Roby Seidel.
Das Quartett BBFC
Viel Erfolg hatte J.F. Bovard mit seinem Quartett BBFC, das er 1981 zusammen mit dem Saxofonisten Daniel Bourquin, dem Bassisten Léon Francioli und dem Schlagzeuger Olivier Clerc gründete. BBFC trat an verschiedenen europäischen Festivals auf. In einem Buch über das BBFC Quartett schrieb Christian Jacot-Descombes: „BBFC war eine der wenigen Formationen der Westschweiz, der es gelungen war, ihre Musiker nie auszuwechseln, und der es gelungen war, eine künstlerische, ästhetische und ideologische Linie unversehrt aufrecht zu erhalten“. Für die klavierlose Gruppe, die modernen Free Jazz experimenteller Art auf höchstem Niveau spielte, war der Auftritt 1987 am Jazzfestival Montreux ein besonderer Höhepunkt. Nach produktiven zehn Jahren löste sich das Quartett BBFC im Jahre 1991 auf, was von vielen Liebhabern des Free Jazz sehr bedauert wurde.
Le Compagnie d’Eustache und das Bovard Orchester
Das Ende des BBFC-Quartettes war ganz und gar nicht das Ende von J.F. Bovards Ambitionen, seine musikalischen Eingebungen mit eigenen Orchestern zu manifestieren. Vorerst hatte ihn der Bassist Popol Lavanchy in sein Quintett „Popolien“ geholt. 1993 war er mit der „Compagnie Eustache“ unterwegs, einem grossen Ensemble mit drei Trompeten, drei Trombonen, einem Waldhorn, einer Tuba und einem Schlagzeug. Aus der „Compagnie Eustache“ entstand schliesslich eine Bigband, das Bovard Orchester. Zu einem weiteren Auftritt am Jazzfestival Montreux kam es 1997 mit der „Big Band de Lausanne.
Dieses grosse Orchester wurde bereits Ende der Sechzigerjahre gegründet, hatte verschiedene Leiter, schliesslich Roby Seidel, nachdem er seine eigene, nach ihm benannte Bigband aufgelöst hatte.
Die Lausanner Bigband hatte ganz besondere Auftritte. Darunter eine der selten gewagten Aufführungen des Konzertes mit sakraler Musik von Duke Ellington in einer Tessiner Kirche. Das war eine gelungene Neuaufführung dieses grossen Werkes von Ellington, mit Chor und Solisten, darunter der berühmte schwarze Trompeter Jon Faddis.
Die letzten Jahre
In seinen letzten Jahren arbeitete J.F. Bovard zunehmend genreübergreifend als Komponist, auch für Blas- und Sinfonieorchester. Er komponierte ein Oratorium für Orchester und gemischten Chor. 2002 beauftragte ihn die Expo 02 mit einer Komposition zur Eröffnungsfeier.
1985 und 2001 erhielt J.F. Bovard Preise der „Fondation vaudoise pour la promotion et la création artistiques», zunächst den Förderpreis, dann den Grand Prix.
Leider war es Jean-François Bovard mit seinem unermüdlichen Elan, Besonderes zu schaffen, nicht vergönnt, älter als 55 Jahre zu werden. Er verstarb am 4. November 2003 an den Folgen einer Krebserkrankung.
Beachten Sie unsere Musikbeispiele, für die wiederum Tom Reich besorgt war.
Jimmy T. Schmid