In memoriam 2025

(Für Details aus unserem Archiv gebe man bitte die Eigennamen als Suchbegriff im roten Kästchen rechts oben ein)


Ray Drummond   
US-amerikanischer Bassist des Modern Jazz 
23.11.1946-1.11.2025
Vermutlich ist der Bekanntheitsgrad von Ray Drummond umgekehrt proportional zur  Anzahl seiner Mitwirkungen an Aufnahmesessions. Es sind ja häufig die "Musicians Musicians" im Hintergrund, die dem jeweiligen Werk den Feinschliff  verpassen. Ray Drummond leitete zwar auch eigenen Gruppen, wie "Excursion" mit den Saxophonisten, Craig Handy, Joe Lovano oder David Sánchez, den Pianisten Danilo Pérez und Stephen Scott, sowie den Drummern Billy Hart und Marvin "Smitty" Smith. Mit seinem mit ihm jedoch nicht verwandten Schlagzeuger Billy Drummond und der kanadischen Pianistin Renée Rosnes war er im Trio "The Drummonds" unterwegs. Hier ein Tonbeispiel mit dem japanischen Pianisten Hideki Kon und Carl Allen am Schlagzeug, wo Ray Drummonds satter Bass bestens zur Geltung kommt >> Moonray - Hideki Kon (近 秀樹) (ha).

Jack DeJohnette   
US-amerikanischer Schlagzeuger des zeitgenössischen Jazz 
9.8.1942-26.10.2025
Mit Jack DeJohnette ist der Letzte aus dem Trio der stilbildenden Drummer des zeitgenössischen Jazz neben Anthony "Tony" Williams (2. Miles Davis Quintet) und Elvin Jones (John Coltrane Quartet) verstorben. Vordergründig könnte das Spiel DeJohnettes als Synthese jenes der beiden Letzteren gesehen werden, doch wird so eine Schnellbewertung dem Schaffen dieses Meisters des modernen Drumming kaum gerecht. Er hat im Lauf seiner langen Karriere seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt, der sofort erkennbar war und ihn aus der Masse von Fachkollegen heraus hob. Einerseits konnte er auf einem sehr hohen Energielevel spielen, zum anderen sich aber auch als zurückhaltender, filigraner Teamplayer ganz in den Dienst der jeweiligen Gruppenperformance stellen. Viel von seiner Musikalität bezog er aus der Beschäftigung mit seinem Zweitinstrument, dem Piano. Struktur und Substanz seiner Soli erinnerten an den legendären Max Roach, der auf seinem Instrument eben auch ein  melodischer Geschichtenerzähler war.
Die ganz grosse Bühne betrat Jack DeJohnette im Charles Lloyd Quartet, wo er bereits mit seinem nachmaligen Langzeitpartner, dem Pianisten Keith Jarrett zusammen traf. Diese Gruppe war eine Pionierformation des Fusion-Jazz in den späteren 60er Jahren und trat an vielen eher rock-orientierten Festivals auf. Bei der berühmten "Bitches Brew"-Einspielung 1969  von Miles Davis trat er als Ablösung von Tony Williams auf und verblieb bis 1972 in Miles' Gruppe. Zuvor war er noch kurzzeitig Mitglied des Bill Evans Trios, was auch auf dem Album "Bill Evans at the Montreux Jazz Festival"  (Verve, 1968) dokumentiert ist. Nach dem Davis-Engagement gründete er seine Fusion Gruppe "Compost" und begann daneben eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Münchner Label ECM. Daraus gingen die Gruppen "Directions", "New Directions" und "Special Edition" hervor, wobei häufig der Gitarrist John Abercrombie mit von der Partie war, in dessen Gruppe "Gateway" DeJohnette ebenfalls am Drumset sass. Im Rahmen all dieser Projekte waren neben Abercrombie auch Grössen wie der Avantgarde-Trompeter Lester Bowie, die Saxophonisten Arthur Blythe, John Purcell, David Murray oder Chico Freeman, sowie die Kollegen aus Miles Davis- bzw. Bill Evans-Zeiten, die Bassisten Dave Holland und Eddie Gomez dabei. Daneben gibt es zahllose Einspielungen, auf denen Jack DeJohnette, sei es als Leader oder Sideman (u.a. auch beim Tessiner Flügelhornisten Franco Ambrosetti) mitwirkte. Eine Liste würde diesen Text bei weitem sprengen. Als kleine Episode sei das Konzert am Willisauer Jazz Festival vom 30. August 1981 der Pat Metheny Gruppe "80/81" mit den Saxophonisten Dewey Redman und Michael Brecker , Pat Metheny g, Charlie Haden b erwähnt. Bei diesem Anlass spielte Jack ein sehr langes Solo, das die schon besprochenen Qualitäten ausgiebig demonstrierte und dem Autor dieser Zeilen unvergessen bleibt.
Es folgte über Jahrzehnte hinweg die Mitwirkung in Keith Jarretts Standards-Trio, zusammen mit dem Bassisten Gary Peacock. Auf unzähligen, zumeist "live" mitgeschnittenen ECM-Alben ist die Entwicklung dieses Ensembles zu verfolgen und das traumhafte Zusammenspiel dieser grossen Musiker bei der Interpretation und eigentlichen Belebung dieser Standards ausgiebig zu geniessen.>>Beispiel: Keith Jarrett Trio - All of You (ha)                

 Anthony Jackson    
US-amerikanischer E-Bassist des Fusion Jazz 
23.06.1952-19.10.2025
Es ist bei Anthony Jackson nicht weiter erstaunlich, dass er ursprünglich zur Gitarre griff, in deren Spiel ihn einst der grosse Pat Martino als Lehrer eingewiesen hatte. Denn sein späteres Instrument, ein von ihm selbst entwickelter 6-saitiger E-Bass erlaubte ihm, seine Virtuosität voll auszuspielen. So wies sein kreatives Mitspiel weit über die gewohnte Rolle eines Bassisten hinaus. Er war stets in kleineren Gruppen entweder mit Pianisten wie Michel Camilo, Michel PetruccianiHiromi Uehara oder eben Gitarristen, wie Mike Stern, Al DiMeola, Lee Ritenour und Pat Metheny  beschäftigt. Er tat  tat sich aber auch Im Pop- und Soul-Bereich hervor, so bei Steely Dan, Chaka Khan, Roberta Flack oder Paul Simon. Hier als eindrückliches Beispiel etwa die Zusammenarbeit mit der japanischen Pianistin Hiromi >>Hiromi Uehara - Voice - Jazz à Vienne 2011 - LIVE HD (ha)  

Klaus Doldinger   
Deutscher Klarinettist, Saxophonist und Komponist des Modern Jazz 
12.05.1936-16.10.2025
Wer kennt sie nicht, die Tatort-Titelmusik, welche Millionen von fernsehenden Krimifreund:innen jeweils Sonntag abends zur Hauptsendezeit vor den Bildschirm ruft. Ein Gottesdienst der besonderen Art, der wohl bei manchen den vormittäglichen Kirchgang abgelöst hat. Weniger bekannt ist, dass für diesen Einstiegsgroove die spätere Rock-Ikone Udo Lindenberg am Schlagzeug verantwortlich war. Viel mehr muss über die musikalische Tätigkeit Klaus Doldingers in der Film- und TV-Welt nicht gesagt werden (Beispiele: Das Boot, Die unendliche Geschichte, Liebling Kreuzberg, Ein Fall für Zwei). 
Wie so viele andere konnte Doldinger nach dem Zweiten Weltkrieg bei vielen durchreisenden US-Musikern einsteigen, bevor er 1962 sein erstes Quartet mit Ingfried Hoffmann B3-org, Helmut Kandlberger b und Klaus Weiss d gründete, mit dem er auch vom Goethe-Institut in die Welt geschickt wurde. Anfangs der 70er rief er mit "Passport" seine berühmte Langzeit-Band auf die Bühne, bei der zunächst der schon genannte Lindenberg mitwirtkte. Doldinger kannte kaum Berührungsängste und bewegte sich nicht zuletzt als eifriger Weltreisender und Botschafter in Sachen Jazz (ca. 50 Länder mit unzähligen Auftritten) stets auch im Weltmusik- oder Fusion Bereich. Als Komponist trat er auch unter dem Pseudonym "Paul Nero" in Erscheinung und ist Schöpfer von etwa 2000 Stücken; das Folgende ist eines der bekannteren:>> Klaus Doldinger - YouTube (ha)    

Jim McNeely    
US-amerikanischer Pianist, Komponist, Arrangeur und Big Bandleader des Modern Jazz 
18.05.1949-26.9.2025
In Zeiten, wo die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten, politisch gewollt, immer mehr unter Spardruck geraten, leistet man sich in einigen Ländern Europas noch immer grossorchestrale Klangkörper, die sich sehen und hören lassen dürfen. So beispielsweise in den Niederlanden (Metropole Orkest), Dänemark (Danish Radio Jazz Orchestra) und vor allem Deutschland (WDR Big Band, hr-Bigand Frankfurt). In all diesen Orchestern wirkte Jim McNeely als Leiter, Arrangeur  und Komponist.  Er trug in dieser Funktion massgeblich zu deren hohem Standard bei. Neben seinen zahlreichen Jobs in Big Bands, spielte er in den 80er und 90er Jahren auch als Pianist in den Quartetten von Stan Getz und Phil Woods, bevor er ins Vanguard Jazz Orchestra eintrat, das bis heute jeweils montags im berühmten New Yorker Village Vanguard seine fixen  Auftritte hat. Dieses Orchester ging seinerzeit aus der Thad Jones - Mel Lewis Big Band hervor und konnte schon damals auf die kompetente Mitarbeit von Jim McNeely zählen. Das folgende Beispiel zeigt die herausragende Arbeit des Verstorbenen >> www.youtube.com/watch

Hermeto Pascoal    
Brasilianischer Multiinstrumentalist des Ethno-Jazz 
22.06.1936-13.9.2025
Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man Hermeto Pascoal als eine der interessantesten Musikerpersönlichkeiten der Gegenwart einschätzt. Er beeindruckte schon äusserlich als Albino durch seine imposante  Erscheinung. Man hätte ihm jedweden Gegenstand, dem ein Geräusch oder ein Klang zu entlocken war, in die Hand geben können, er verwandelte es in seine "Musica Universal". Natürlich ist ein solcher Ansatz nicht unbedingt mehrheitsfähig, aber darauf kam es ihm auch gar nicht an. Musik ist Leben, das er mit seiner Gruppe (Hermeto Pascoal y Grupo) schon im Kollektiv, als Kommune führte. Zwar kam er ab 1960 vom Bossa Nova und Samba her und arbeitete auch mit den Protagonisten jener Zeit, wie etwa Sérgio Mendes,  Antônio Carlos Jobim und vor allem Airto Moreira zusammen.In der Folge blieb die rhythmische Grundierung seiner heimatlichen Musikkultur zwar erhalten, aber die Erweiterung der instrumentellen und damit klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten stiess kaum an Grenzen, was man auch in der Schweiz, etwa in Willisau oder Montreux, bewundern konnte. Hier ein eher jazziges >>Beispiel www.youtube.com/watch. (ha)              

David Elias   
Schweizer Schlagzeuger des Modern Jazz
3.12.1956-12.9.2025
Der in Prag geborene Schlagzeuger machte sein Diplom 1979 an der Swiss Jazz School und begann seine Laufbahn im Swiss Jazz Quintet und der Mani Planzer Big Band. Später wirkte er vor allem in Deutschland in den Bands von Bob Degen, Zipflo Reinhardt und Joe Haider. In München war er auch als Lehrer an Haiders Jazzschule beschäftigt. Elias' musikalisches Spektrum erstreckte sich vom sogenannten Hot Jazz bis in die Avantgarde hinein, was sich auch in der umfangreichen Liste der Musiker:innen, mit denen er zusammenarbeitete, ausdrückt (ha).  

Sheila Jordan   
US-amerikanische Sängerin des Modern Jazz
18.11.1928-11.8.2025
Ein früher Förderer von Sheila Jordan war Charlie Parker, in dessen Band seinerzeit auch ihr späterer Ehemann, der Pianist Duke Jordan, spielte. Ihr eigenwilliger Gesangsstil befähigte sie zu qualifizierter Mitarbeit mit Musiker:innen der damaligen Avantgarde, wie etwa dem Pianisten/Komponisten George Russell oder dem Posaunisten Roswell Rudd. Auch in Carla Bleys monumentalem Werk "Escalator Over The Hill" konnte sie sich ins Szene setzen. George Gruntz griff in mehreren seiner Projekte ebenfalls auf ihre Stimmkunst zurück. Ihre Stärken kamen jedoch eher in Kleinformationen, wie etwa im Steve Kuhn Trio oder wie hier auf der "Blue Note" Einspielung von 1963 "Portrait of Sheila" mit Steve Swallow (b) im Duo und dem Bobby Timmons-Titel "Dat Dere" zur Geltung. >> Dat Dere.  You Tube (ha).       

Eddie Palmieri   
US-amerikanischer Pianist, Komponist und Bandleader der Latin-Jazz
15.12.1936-6.8.2025
Eddie Palmieri könnte man, durchaus anerkennend, eine "Rampensau" nennen, denn man musste ihn eigentlich "live" erleben, um die Energie, die von seiner Musik und seiner Persönlichkeit ausging, zu spüren. Diese wurde zumeist mit "Salsa" etikettiert, was Palmieri jedoch nicht mochte; er zog die Bezeichnung "Afro-Cuban" vor, denn diese verweist deutlicher auf die Quellen, aus denen er schöpfte. Daneben setzte er sich auch politisch stets für die Rechte ethnischer Minderheiten ein. In der Selbstbeschreibung hiess es, er sei  „Puerto Ricaner italienischer Abstammung, geboren in einem jüdischen Krankenhaus in New York, der afro-karibische Musik komponiere". Palmieri, der sich durch einen stark perkussiven Klavierstil, darin McCoy Tyner vergleichbar, auszeichnete, bediente sich meistens grösserer Bandformate, um seine musikalischen Botschaften ins Publikum hinein zu tragen. Oft integrierte er auch Elemete aus der Rock-und/oder Folkmusik. Tonbeispiel: >> Lucumi, Macumba, Voodoo - YouTube (ha)
 
Foday Musa Suso   
Gambischer Kora-Spieler des Ethno-Jazz
18.2.1950-25.5.2025
Einem grösseren Publikum wurde der Gambier durch seine Zusammenarbeit mit dem Pianisten/Keyboarder Herbie Hancock, dem Saxophonisten  Pharoah Sanders  oder dem Drummer Jack DeJohnette sowie weiteren Perkussionisten bekannt. Aber auch ausserhalb des Jazz im engeren Sinn, etwa beim Minimal Musiker Philip Glass oder dem Kronos-Streichquartett brachte Suso seine aus der westafrikanischen Griot-Kultur stammenden Beiträge ein. Griots sind eigentlich Erzähler/Dichter/Sänger, die epische Texte vortragen und sich auf Zupfinstrumenten verschiedenen Typs begleiten. Im  Fall Susos war dies die Kora, ein Saiteninstrument bestehend aus einem  mit Kuhfell bespannten Kalebassenkorpus und 21 Saiten, denen Suso noch drei weitere Basssaiten hinzufügte.  >>Tonbeispiel: Jack DeJohnette & Foday Musa Suso - Ocean Wave You Tube (ha).

Charles Frank "Chuck" Mangione  
US-amerikanischer Trompeter/Flügelhornist und Komponist des Pop-Jazz
29.11.1940-22.7.2025
Der Titel des seinerzeitigen Hits "Feels So Good" (1977) könnte als Überschrift der Karriereerzählung von Chuck Mangione dienen. Mit seiner leichtfüssigen, kalifornisch angehauchten und eingängigen Musik vermochte er ein grosses Publikum, weit über die Grenzen des Jazz hinaus zu beglücken. Einträglich war dies allemal, denn seine Bekannheit wurde auch durch die Olympia-Songs "Chase The Clouds Away" (Montreal Sommer 1976) und "Give It All You Got " (Lake Placid Winter 1980) verstärkt. Dass er auch anders konnte, zeigte er in jungen Jahren durch die Mitwirkung bei Art Blakey's Jazz Messengers 1966, wo er noch stark unter dem Einfluss seines grossen Vorbildes Dizzy Gillespie stand. Als Messenger-Kollege sass damals n.b. ein gewisser Keith Jarrett am Piano. Tonbeispiel >> My Romance   You Tube (ha).

Hal Galper  
US-amerikanischer Pianist, Komponist des Zeitgenössischen Jazz
18.4.1938-18.7.2025
Nach vielen Jobs als Begleiter besetzte Hal Galper in den frühen 70er Jahren als Nachfolger von George Duke den Stuhl an den Keyboards im Cannonball Adderley Quintet. Dann wurde er langjähriges Mitglied des Phil Woods Quintets, dem neben dem Alto spielenden Leader auch der Trompeter Tom Harrell angehörte. Als Beispiel für sein Wirken als Bandleader eigener Quintett-Besetzungen möge das 1976 für das dänische Label "Steeple Chase" aufgenommene Album "Reach Out" mit den Brecker Brothers (Mike ts, Randy tp, flh) dienen. Der künstlerische Leiter George Gruntz lud das Quintett auch an die "Berliner Jazz Tage" 1977 ein. Es sollte dies ist ein Auftritt von unerhörter Wucht und Intensität werden. Zu hören auf "The Hal Galper Quintet live at The Berlin Philharmonic 1977" (Origin 2021). 
Später wandte er sich dem klassischen Format des Trios zu, denn er war nicht nur ein Spieler sondern auch Theoretiker des Jazz-Klavierspiels, will heissen, hier kommt das Spielerische auch in der Theorie zum Zug. Man spricht vom "Hal Galper Effekt" und meint damit das eigenwillige Offbeat-Spiel (klassisch: rubato) des Pianisten, der dann vor oder hinter dem Beat spielt, was den "Begleitern" einiges, auch an "aktivem" Zuhören, abverlangt. Beispiel >> Hal Galper Trio - Ascendant  You Tube (ha).

Boris "Lalo" Schifrin  
Argentinischer Pianist, Komponist/Arrangeur des Crossover-Jazz
21.6.1932-26.6.2025
Gewiss war beim Argentinier nicht der Jazz die Haupteinnahmequelle, obwohl er sein Musikstudium in Paris als Jazzpianist in Nachtclubs finanzierte. Ist man jedoch filmaffin und/oder mochte in den 1960/70er Jahren TV-Serien wie "Starsky & Hutch" oder "Kobra, übernehmen Sie", dann kommt man musikalisch nicht an Lalo Schifrin vorbei. Er komponierte ca. 100 Filmmusiken, u.a. jene für "Dirty Harry" mit Clint Eastwood, von dessen Jazzaffinität man ja ebenfalls weiss. Weniger bekann ist, dass Schifrin zu Beginn der 60er Jahre Mitglied des Dizzy Gillespie Quintets war und auch für dessen Big Band komponierte und arrangierte. Als geborener Argentinier arbeitete er natürlich auch mit dem Landsmann, Bandoneónisten/Komponisten und Grossmeister des "Tango Nuevo" Astor Piazzolla zusammen. Schifrin war auch stets an Crossover Projekten interessiert und nahm 1993 mit dem London Philharmonic Orchestra die Musik für die Reihe "Jazz meets The Symphony" auf. Auch das "Orchestre de la Suisse Romande" unterzog sich 2003 Schifrins Stabführung (ha)        

Louis Moholo-Moholo 
Südafrikanischer Schlagzeuger des Avantgarde Jazz
10.3.1940-13.6.2025
Louis Moholo, der sich später Louis Moholo-Moholo (sehr gross, sehr alt) nannte, war der Schlagzeuger jener südafrikanischen Gruppe, die als "Blue Notes" 1964 in Zürich auftauchte. Die unter der Leitung des Pianisten Chris McGregor spielende Band, der auch spätere Berühmtheiten, wie der Trompeter Mongezi Feza, der Saxophonist Dudu Pukwana und der Bassist Johnny Dyani angehörten, war auf Emigrationskurs, um dem in ihrer Heimat herrschenden Apartheidregime zu entfliehen. Zürich und das dortige, legendäre "Africana" waren nur Zwischenstationen auf dem Weg nach London. Dort vergrösserte McGregor seine Band, indem er sie mit britischen Musikern aus der dortigen Free Jazz Szene anreicherte und die nun "Brotherhood of Breath" hiess. Als solche trat sie auch des Öfteren in der Schweiz, vor allem in Willisau auf. Louis Moholo-Moholo war in der europäischen Avantgarde ein gefragter Partner, mit dem auch die Pianistin Irène Schweizer, zuweilem im Duo, oft und gern zusammenarbeitete. Ab 2005 lebte er wieder in Südafrika, wo er eine eigene Big Band  unter dem Namen "Hear Our Heart's Vibrations" leitete. (ha)

Al Foster 
US-amerikanischer Schlagzeuger des Fusion- und Post Bop Jazz
18.1.1943-28.5.2025
1964 nahm Al Foster, unter seinem langen Geburtsnamen Aloysius und der Leitung des Trompeters Blue Mitchell das Blue-Note Album "The Thing To Do" auf. Beteiligt waren noch Mitchells Kollegen aus dem damaligen Horace Silver Quintet, der Tenorsaxophonist Junior Cook und der Bassist Gene Taylor; am Piano sass ein gewisser Chick Corea. Zu tun gab es noch vieles, so war Al Foster am Ende der 70er Jahre Schlagzeuger der Miles Davis-Gruppe, ehe sich Miles zufolge mentaler und physischer Erschöpfung für einige Jahre aus der Öffentlichkeit zurückzog. Al hielt in dieser dunklen Zeit den Kontakt zu ihm stets aufrecht und nahm  gewissermassen eine Brückenfunktion ein, indem er nach der Rückkehr des Maestros in die Musikszene wieder am Drumset sass. Foster kannte sich sowohl in der funkigen Variante des Jazz aus, pflegte jedoch auch das Straight Ahead Spiel in der Post-Bop Auslegung. Er beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte des Jazz-Drumming und zeichnete sich durch einen leicht erkennbaren eigenen Stil aus, indem er ein von ihm so genanntes "Reverse Hi-Hat"-Prinzip anwandte. Hierbei werden die Hi-Hat Becken geschlossen gehalten und erst bei Anschlag geöffnet. Al Foster war an unzähligen Produktionen, jedoch nur wenigen unter eigenem Namen beteiligt, obwohl er seit den 90ern eine recht namhafte Band mit Chris Potter (sax), David Kikoski (p) und Doug Weiss (b) leitete. Es war dem Autor dieser Zeilen beschieden, Al Foster bei einem Auftritt des Herbie Hancock Trios mit Buster Williams (b) an einem eiskalten Winterabend im Dezember 1992  im New Yorker "Blue Note" zu bewundern; ein unvergessliches Erlebnis (ha).              

Christian Rentsch 
Schweizer Kulturjournalist und Publizist
30.10.1945-12.4.2025
Man könnte sich fragen, weshalb Christian Rentsch hier Aufnahme findet, da er doch weder ein grosser Musiker noch Jazzkritiker im Hauptamt war. Aber er war ein Journalist, der etwas zeigte, was leider heute selten genug im publizistischen Angebot ist: Haltung. Dies manifestierte sich in seinen Artikeln, insbesondere auch dort, wo von Jazz die Rede war; etwa im "Tages Anzeiger" oder auch im "Jazz 'n' more". Man konnte ihm in Willisau oder andernorts, wo Jazz gereicht wurde, begegnen und er sparte im Nachgang zu den Performances nicht mit Kritik, wenn es ihm angezeigt erschien. Mit seinen Einschätzungen musste man gewiss nicht vollumfänglich übereinstimmen, aber man wusste woran man war. Und aus seinen Texten, so sie sich denn mit Jazz befassten, sprach eine grosse Zuneigung zu dieser Musik, die wir alle mit ihm teilen, und die nach wie vor ein Minderheitenprogramm ist und es allen Akademisierungsbemühungen zum Trotz bleiben wird. Und Rentsch gehörte auch nicht zu jenen, die einer  Aufnahme des Jazz in die heiligen Hallen der europäisch oder zumindest "westlich" eingefärbten und  von der oft selbsternannten Kulturelite geweihten Hochkultur zustimmen würde. Eher stemmte er sich gegen die kapitalistisch grundierten Marktmechanismen, die vieles zu zermalmen drohen, aber doch hier und dort eine bewohnbare Nische offen lassen (ha).       


Peter Jacques 
Schweizer Pianist und Bandleader des Modern Jazz 
17.5.1937-27.3.2025
Der in der heutigen Tschechischen Republik geborene Jacques, Sohn einer Schweizerin und eines Weissrussen, gelangte am Ende des Zweiten Weltkrieges auf abenteuerliche Weise als "Schmugglergut" in die Schweiz. Dort studierte er am Winterthurer Konservatorium und trat ab den 50er Jahren sowohl als Solopianist als auch in verschiedenen Combos, insbesondere an den Zürcher Amateur-Jazzfestivals, in Erscheinung. Nach seiner anschliessenden Professionalisierung wirkte er vor allem beim Rundfunk in Schweden als Arrangeur der Big Band von Harry Arnold. In gleicher Funktion war er auch in Deutschland für Radio und Fernsehen unterwegs, um sich dann ausserhalb Europas, in den USA, Japan und Brasilien zu betätigen. Nach seiner Rückkehr 1973 übernahm er zunächst zusammen mit Hans Möckel, später allein, die Leitung der Big Band des Schweizer Radios DRS bis zu deren Auflösung 1986. Als der Jazz im Schweizer Fernsehen noch stattfand, war er als Moderator und Redaktor der Sendungen Jazz in Concert und  Jazz-In aktiv. (ha)   

Roy Ayers 
US-amerikanischer Vibraphonist, Keyboarder, Sänger des Funk-Jazz 
10.9.1940-4.3.2025
Wie bei manch anderen Instrumentalkolleg:innen stand auch bei Roy Ayers Lionel Hampton als Inspirationsquelle am Beginn der Laufbahn. Dieser soll dem Fünfjährigen ein Satz Schlägel geschenkt haben. Dennoch war Ayers zunächst als Posaunist im Geschäft, bevor er mit 17 Jahren an das Vibraphon wechselte. Roy Ayers war Mitglied jener Herbie Mann - Gruppe, die das legendäre Rockjazz-Album "Memphis Underground" (Atlantic, 1969) mit Mann an der Flöte und den Gitarristen Larry Coryell und Sonny Sharrock  heraus brachte. Damit war das musikalische Terrain eingezäunt, in dem Ayers sich inskünftig bewegen würde. Vor allem mit seiner Gruppe Roy Ayers Ubiquity feierte er in den 70er Jahren grosse Erfolge und platzierte 1976 u.a. den Hit "Everybody Loves The Sunshine" für mehrere Wochen in den US-Charts. Später arbeitete er mit dem nigerianischen Saxophonisten Fela Anikulapo Kuti zusammen, mit dem er auch das Label  "Uno Melodic Records" auf den Markt brachte. In der Hip-Hop Szene war er ebenfalls gefragt, so dass seine Musik  des Öfteren gesampelt wurde (ha).