Rio de Gregori *22.09.1919, Zürich, , † 22.5.1987, München
Pianist, Bandleader
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Sophisticated Rio
Ein sympathischer Mann am Klavier, immer lächelnd , in tadelloser Haltung, tadellos gekleidet. Das ist Rio de Gregori in seinen besten Jahren, als er mit diskret swingendem Jazz die Tanzfreudigen aufs Parkett lockte.
Zuerst Klassik, dann Jazz
Normal für einen Zürcher Buben war Rios Interesse für den Fussball, doch ab dem siebten Jahre spielte das Klavier eine wichtige Rolle. Schon früh erhielt er Unterricht und übte fleissig Etüden, später Sonaten von Mozart und Beethoven. Doch schon bald stiess er auf den Jazz, fing an mit seinem Taschengeld Schellacks mit grossen Könnern wie Duke Ellington zu kaufen. Obwohl die Eltern aus Rio einen klassischen Pianisten machen wollten, begann er mit zwanzig professionell mit kleineren Bands Tanzmusik zu spielen, z.B. mit den damals erfolgreichen Lanigiros. Mit den Lanigiros nahm er bei COLUMBIA eine Reihe bekannter Jazznummern auf, ebenso mit dem Quartett des Posaunisten René Weiss. Hauptinspiration zur Festigung seines Stils war für Rio der für sein klar strukturiertes, unkompliziertes Spiel bekannte Goodman-Pianist Teddy Wilson. Einige Schellacks mit Aufnahmen von Benny Godman-Kleinformationen halfen dem jungen Rio, sich anhand des Spiels eines hervorragenden amerikanischen Jazzpianisten zu orientieren.
Viel Erfolg mit Böhler
Fred Böhler, der Pianist, Organist und Leiter des damals grössten Jazzorchesters mit vier Trompeten, vier Posaunen, vier Saxofonen (darunter der afroamerikanische Altsaxofonist Glyn Paque) und einer Rhythmusgruppe hielt Mitte der Vierzigerjahre gelegentlich Ausschau nach jungen Talenten. Kein Wunder, dass er den zwanzigjährigen Pianisten Rio de Gregori zu guten Konditionen engagierte. Rio war für das Böhler-Orchester eine wertvolle Ergänzung. Böhler stellte ihn mit einer Piano-Nummer im Corso Palais Zürich mit viel Erfolg heraus.
Eigene Band im Kleinformat
Nach seinem Big Band-Abstecher bei Fred Böhler gründete Rio de Gregori eine eigene Band, wobei er sich sehr von den Formationen des blinden britischen Pianisten George Shearing anregen liess. Auch Rios Pianostil bewegte sich ein wenig in Richtung Bebop. Besonders typisch für die Gregori-Band, (zu der meine Frau und ich in den ersten Fünfzigerjahren oft getanzt haben) war das gefällige Unisonospiel Klavier-Vibrafon. Niemand war dazu besser geeignet als der leider zu früh verstorbene Vibrafonist Kurt Weil. Weils Gespür für ein harmonisches Zusammenspiel prädestinierten ihn für die Rolle eines George-Shearing-Style-Vibrafonisten im Ensemble von Rio de Gregori.
Auch bei Jam-Sessions dabei.
Das Repertoire von Rios Band bestand weitgehen aus Stücken aus dem «Great American Songbook», die sich für einen gepflegten Stil ohne rhythmische Eskapaden gut eigneten. Doch Rio war nie abgeneigt, bei einer Jam Session mit guten Musikern mitzuwirken. So im Herbst 1953. Nach einem Unterhaltungs-abend im Hotel Sternen in Oerlikon wurde gejammt. Zu Gast war die ganze Gregori-Band aus dem Dancing «Mascotte» in Zürich, inkl. Kurt Weil mit seinem Vibrafon. Dank Rio und seinen Musikern sowie dem Super-Bebop-Trompeter Umberto Arlati, der mit dem Zug von Olten angereist kam, gab es im Sternen in Oerlikon eine unvergessliche Jazznacht.
Endstation München
Obwohl Rio mit seiner Band viele berufliche Höhepunkte erleben durfte, reduzierte er nach einigen Jahren seine Aktivitäten als Musiker auf Engagements mit einem Trio oder als Solist, bevor er seine Musikerlaufbahn gänzlich abschloss. Er führte in Ascona eine Bar und zog später nach München, wo er in seinem 67. Altersjahr verstarb. Sein voller Einsatz als Musiker und später in derGastronomie, waren keine guten Voraussetzungen für ein besonders langes Leben.
Jimmy T. Schmid